Wortfindungsstörungen

„Die entstehen bei Stress“ sagt der Therapeut. Der Verstand lässt die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Und das dir. Einem ausgesprochenen Sprachschwein!

Da fallen einem dann nicht mal so alltägliche Worte wie „Balkongeländer“ ein. Selbst mit der Umschreibung gibt es Schwierigkeiten, wenn ich etwa sagen will: „Na, das Ding über das man nicht stürzen soll, wenn man die Blumen gießt“

Es muss schlecht um uns stehen. Sehr schlecht… Hhmmmm.

Ratlosigkeit, und das obwohl bisher immer ganz klar war, dass wir in Mathe hoffnungslos verloren sind.

Erinnere mich an Vater, der mir im Grundschulalter versuchte, die einfache Addition zu erklären. 2 + 2= 4 ist doch total logisch, oder? Für mich nicht. Mein Hirn denkt in Bildern. Für Zahlen gab es offenbar damals noch keine Bilder. Sein Ton wurde lauter und sein Gesicht bekam immer mehr rote Farbe. Aha, er hat auch Blutdruck, erinnere ich mich.

Hören war ja nicht das Problem, weshalb ich von der Lautstärke des Tons überrascht und dann eingeschüchtert war. Der Verstand hat dann irgendwann einfach den Ton abgestellt. Das war toll. Ein tobender Vater ohne Ton.

Die Augen haben sich angeschlossen. Trotzdem sie weit aufgerissen waren und einen auf verschwommen machten. Schwimmende Zahlen auf Papier sind cool. Die schunkeln miteinander und gehen in die Wellenbewegung des Meeres über. Manche von ihnen hüpften auch ganz keck an andere Stellen, was die eigentliche Aufgabe nicht gerade erleichterte.

Die Ohren machten noch einen Versuch zu hören, doch als die Worte: „…ist doch ganz einfach“ auf sie trafen, war es ihnen zu viel, so dass Notabschaltung folgte.

Die Hände wurden an die Innenschenkel beordert, um diese zu halten. Die Wellenbewegung ging leicht auf den Körper über – bloß nicht übermäßig, zu auffällig. Der Stress gab sich siegessicher und marschierte Richtung Ziellinie.

Leider gab es damals scheinbar noch keine Utensilien, die man hätte bildlich zählen können,  um das Rechnen damit zu vereinfachen. Für meine Kinder hab ich daraus gelernt. Sie durften mit Smarties rechnen. Einen hinlegen plus einen dazu gleich zwei, danach zwei aufessen gleich Null – so einfach.

Selbst zu meiner Zeit hätte man so rechnen können. Sechs Stücke Torte aufessen plus nochmal sechs dazu. Dann habe ich wie viele Stücke Torte im Bauch? 12 Stücke – richtig. Das war die Addition.

Die Subtraktion folgte augenblicklich nach dem 12. Stück – nämlich 12 Stücke auskotzen, weil der Bauch sagt: „Du tickst wohl nicht richtig!“ Macht 12 minus 12 gleich Null; also Bauch leer. Ganz einfach!

Die Tortenstücke ließen sich beliebig austauschen gegen andere Fressalien, was sicherlich den Sauberkeitsstandard der Toilette aufrechterhält.

Also Rechnen war nicht so meine Freude. Ihr könnt euch meine Ungläubigkeit und Furcht ausmalen als ich am ersten Arbeitstag meiner Ausbildung in die Abteilung Rechnungsschreibung eingestellt worden war. Mir war schlecht!

Als die Zahlen und ich keine Freunde werden konnten, einigten wir uns auf den stillen Pakt des Notwendigen und stürzten uns auf die Wörter.

Diese gibt es in allen Formen, Schriften und Sprachen, sind mal besser und mal schlechter zu lernen (ich hasse Französisch).

Neuerdings kommt auch die „bildhafte“ Sprache in Form der sogenannten „Emojis“ dazu. Der Begriff kommt wohl von dem Wort „Emotion“, also Gefühlsregung. Mit den Gefühlen wollen wir uns ja meist nicht so wirklich beschäftigen. Umso interessanter finde ich, dass ein und dasselbe Symbol so unterschiedliche Bedeutungen hat. Nehmen wir mal den Kackhaufen. Der bedeutet in unserem Kulturkreis das, was er ist, nämlich „Scheiße“. In einem ganz anderen Kulturkreis bedeutet er „Glück“. Das verstehe zwar wer will, jedoch schließt sich da der Kreis. Steht doch bei uns der Tritt in dieselbe für einen Tritt ins „Glück“, was allerdings schonungslos die anschließend anfallende Reinigungsleistung verschweigt.

Dabei kommt die Frage auf, ob sich dieser Tritt bei den derartigen Folgen für so eine flüchtige Sache wie das Glück gelohnt hat.

Wenn Verstand und Motivation mal wieder mit ein paar Worten jonglieren wollen, holen sie gern die Kreativität und die Lebensfreude dazu. Alle zusammen ergeben ein unschlagbares Team. Auf der Arbeit habe ich oft den Kopf geschüttelt, welcher Vollidiot sich jetzt wieder die neuen Bezeichnungen für die Abteilungen, die Arbeitsanweisungen usw. ausgedacht hat. Dann auch noch diese bescheuerten Abkürzungen dazu. Man, hätten die vorher bloß mich gefragt! Die Sprachsau.

Auch zu Hause laufe ich gern zur Höchstform auf. Mein Mann (keine Sprachsau) muss öfter nachfragen. Watt? Was soll das denn sein?

Dann ist mein IQ gekränkt, der sich mit der Kreativen mal wieder besonders ins Zeug legen wollte, aber nur auf Ignoranten und Nichtskönner trifft, wie der Kritiker ganz beiläufig bemerkt.

Der Zielstrebige findet die  Herangehensweise aller Beteiligten mal wieder unter aller Sau. Mit mehr Einsatz hätte man jede Menge Kohle als „Postkartensprücheausdenker“  machen können.

Als wenn das nicht genug wäre, hätte man zum „Markenausdenker“ werden können. Die Firmen zahlen viel Kohle für einen einwandfreien Markenauftritt! Mit so was wie:

„Kässalami –  lang und rund, schieb lecker sie in deinen Mund“

kommt man nicht weit.

Da der Berufswechsel eh gelutscht ist – hoffentlich nicht mit Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen –, darf ich mich weiterhin auf die Wortfindungskreationen für den Hausgebrauch verlegen. Die Kreativität freut ´s. Euch vielleicht auch, denn es soll ja bald einen Blog geben.

Und bei Fragen zu den Nebenwirkungen von Kommunikation schlagen Sie ihren Psychologen oder Therapeuten und bemühen in ganz harten Fällen den Scheidungsanwalt!

So long –