Das Auge liest was von Jahreswechsel, dieses Jahr angeblich besonders schwierig.
Der Verstand hat das mitbekommen. Ist in Hab-Acht-Stellung ob einer der Insassen, der Meinung ist, für Aufruhr sorgen zu müssen. Alle schlafen noch, bereiten sich scheinbar drinnen leise auf die lange Nacht vor. Der Genießer kriecht aus seiner Deckung. Er hat von Weihnachten lange nicht genug. Obwohl dem Bauch die Lebkuchen noch wie Steine quer liegen, liebäugelt der Genießer mit den üblichen Köstlichkeiten des Silvestertages. Er schwankt zwischen Fondue und Raclette, lässt den Bestand an Chips und Erdnüssen, sowie die Zutaten für Feuerzangenbowle vom Kontrolletti prüfen. Ebenso ob genügend Tequila, Zimt und Orangen im Haus sind, Cola Rum, Sekt…
Das Sonnenkind schreit dazwischen: „Es schneit, es schneit!“ Der Kritiker bemängelt, dass es tatsächlich Schnee aus Wasser ist und nicht das geile andere Zeug, aus dem man zuerst Linien auf dem Tisch zieht und anschließend mit der Nase aufsaugt. Der Ironische taucht auf und meint, dass „walk the line“ etwas anderes wäre. Die Lebensfreude ist von der Speisen- und Getränkeauswahl begeistert. Während der Antreiber bereits die Reihenfolge der Speisen und Getränke festlegt, überlegt der Umsetzer, ob wir dieses Jahr mangels Nervenkicks das ganze Wohnzimmer mit dem Fonduetopf abbrennen sollen oder ob die Herstellung von Holzkohle mittels Raclette ausreichend wäre. Schließlich hatten dieses Jahr weder der Adventskranz noch der Weihnachtsbaum Feuer gefangen.
Der Perfektionist plädiert für Champagner zum Anstoßen um Mitternacht. Letztlich hatte
Ich-bin-nicht-gut-genug neulich unseren Selbstwert in den Topf geworfen, da dürften wir uns jetzt nicht mit billigem Sekt begnügen!
Der Geizkragen, der besonders von der Kreativen gerne unterdrückt wird, zählt missmutig die Eurotaler, die wir sparen könnten, wenn der Perfektionist nicht so auf die Kacke hauen wollte. Der Harmoniesuchende wittert den nächsten Streit aufkommen und schlägt vor, um Mitternacht mit Apfelschor…- weiter kommt er nicht. Alle anderen stürzen sich in trauter Einigkeit auf ihn. Der Ängstliche hat noch das Fiasko vom Weihnachtsmarkt auf dem Schirm und bittet den Fürsorglichen, die Alkoholdosis zu regulieren. Rechtzeitig!
Wie jedes Jahr hat der Anerkennungsjunkie seine liebe Not, uns mit dem Silvesterfeuerwerk so auszurüsten, dass unsere Freunde in Husum um 24:00 Uhr auch sehen können, wo wir auf dem Kampfstern Galactica wohnen, ohne den Fernseher einschalten zu müssen. Der Realist unterbindet dessen Tun mit der Ansage, dass dieses Jahr Ausgangssperre und Knallverbot bestünden, was wiederum den Nörgler dazu veranlasst, die Sinnhaftigkeit von Silvester zu hinterfragen. Der Einsame, der sowieso die Feierei der Anderen missbilligt, hätte nichts dagegen, sich wie gewohnt um 23 Uhr die Decke über die Nasenspitze zu ziehen und maximal einen Hund am Fußende des Bettes zu dulden. Der Zweifler ist unentschlossen, ob man nicht doch das gesamte Unterfangen mit Codenamen „Silvester“ abblasen sollte, weil wieder jeder der Terroristen zu allem seinen Senf dazu geben muss. Der Kreative schäkert daraufhin, dass übrigens der, der den Pfannkuchen (Berliner, Krapfen oder wie auch immer) mit dem Senf erwischt, dafür zuständig ist, die Kotze der Partygäste zu beseitigen. Der Dominante ist sich allerdings sicher, dass es dieses Jahr keiner der Gäste wagen wird unter seiner Herrschaft der Essensrückgabe freien Lauf zu lassen.
Der Verstand, der dem Treiben und der Kommunikation der Insassen bislang still gelauscht hat, billigt der Lebensfreude die Auswahl der Tanzmusik für den ganzen Tag zu, beauftragt den Kontrolletti mit der strikten Überwachung der Nahrungs- und Getränkezufuhr, übergibt letzten Endes dem Zielstrebigen die Regelung zum Ablauf des letzten Tages des Jahres. Der Anerkennungsjunkie darf einzig eine Serviettenrakete mit dem wichtigsten Wunsch für das kommende Jahr anzünden. Nein, sie wird nicht direkt neben dem trockenen Weihnachtsbaum gezündet sondern auf dem Balkon!
Weshalb bei einem so langweiligen Tag, dem Verstand nur noch übrig bleibt, seinem Team für die außerordentliche Leistung der letzend aber ganz speziell der Leistung dieses Jahres zu danken.
Er kündigt noch an, dass das Team im nächsten Jahr mit neuen Mitgliedern verstärkt wird und bittet schon jetzt um kollegiale Aufnahme der „Neuen“.
Damit wollen wir das alte Jahr 2020 beschließen und das neue Jahr 2021 begrüßen, sowohl INSIDE als auch OUTSIDE!
Allet Jute für euch!