Wie sicherlich in vielen Familien ist auch bei uns Ostern eine Zeit, die mit verschiedenen Ritualen verbunden ist. So beginnt Ostern kulinarisch bereits einige Zeit vor den eigentlichen Feiertagen, denn jetzt werden die Soleier eingelegt. Diese brauchen einige Tage zum Reifen und daher müssen sie entsprechend lange vor Ostern eingelegt werden. Weil wahrscheinlich einige da draußen von euch Soleier nicht kennen, hat sich der Perfektionist bereit erklärt, die Herstellung zu erläutern. Man nehme die Anzahl an Eiern, die man zusammen mit der Familie an den Osterfeiertagen genießen möchte. Das können je nach Familiengröße und Eiergelüsten gern mal 20-30 Eier werden. „Sol“ leitet sich von Salz ab. Ihr kennt vielleicht auch das Solebad, in dem sich die Menschen gut aufgehoben fühlen. „So geht es auch den Eiern“, grinst der Ironische dazwischen. Mit “weiter im Text“ drängelt sich der Perfektionist wieder ins Bild. Die Eier werden in Salzwasser gekocht, dem außerdem Kümmelkörner hinzugefügt wurden, damit die Eier erstens verträglicher werden und zweitens einen herzhafteren Geschmack erhalten. Zusätzlich gibt man dem Sud Zwiebelschalen für eine schöne Färbung der Eier hinzu. Wenn diese dann ihre Zeit in diesem Sud hart gekocht wurden, werden zuerst die Eier herausgefischt und beiseite gelegt. Nun wird der Sud von den Zwiebelschalen und dem Kümmel befreit, indem er durch ein Sieb in das Aufbewahrungsgefäß gegossen wird. Als Aufbewahrungstopf haben sich die alten Steinzeugtöpfe als gute Wahl erwiesen. Die Reste, die sich im Sieb befinden werden jetzt nicht mehr benötigt und gehen den Weg alles Irdischen. Die Eier allerdings werden nun einzeln auf der Tischplatte angeschlagen (Vorsicht, der Sud färbt auch Tischplatten!), so als würde man sie gleich pellen wollen, was aber nicht der Fall ist. Gut angeschlagen aber samt Schale werden sie in den Sud im Steinzeug gelegt und dürfen dort noch einige Tage reifen. Wenn die Reifezeit um ist, nimmt man ein Ei heraus, pellt es und wird auf eine tolle Maserung treffen, die oft einem wunderschönen Spinnennetz ähnelt. Die Maserung entsteht durch den Sud, der während der Lagerung in die Ritzen des angeschlagenen Eis eindringt und das Eiweiß von außen färbt. Dann teilt man das Ei der Länge nach in zwei Hälften und entfernt das Eigelb achtsam. In die Mulde des Eiweiß füllt man nun eine Messerspitze Senf, Essig (Vorsicht, nur sehr wenig!) Salz, Pfeffer, und etwas gutes Öl. Jetzt wird das Eigelb wieder in die Mulde eingelegt. Als Folge bewirkt es das Überfließen der Essig-Öl-Flüssigkeiten. “Wie eine Arschbombe ins Schwimmbecken“, meint der Sarkastische, der sich heute auch mal eine Beitrag genehmigen will. Jetzt stopft man sich so eine Eierhälfte in den Mund und das Zusammenspiel der Gewürze lässt einem zusätzlich das Wasser im selbigen zusammenlaufen. Der Genießer rutscht schon wieder ganz unruhig auf seinem Stuhl herum, ist doch gleich nach Weihnachten das Osterfest eine seiner Lieblingszeiten. Herzhaftes und Süßes schlemmen in einer Tour. Leider findet er es äußerst lästig, für die Süßigkeiten erst durch den gesamten Garten robben zu müssen, bis er endlich sein Körbchen gefüllt hat. Lebensfreude und Kreativität unterstützen ihn dabei, denn selbst die „Trüffelnase“ des Genießers ließe ihn nicht immer alle Verstecke finden, wenn er nicht die beiden Helferinnen hätte. Übrigens flucht er auch oft über die Soleier, denn regelmäßig ist zuviel Essig drin und er verschluckt sich dann immer regelrecht am Ei. Trotzdem kann er nicht an sich halten und verdrückt dann allabendlich mindestens vier präparierte Hälften.
Aber die Soleier sind nicht alles. So hängen wir beispielsweise zahlreiche Osterdekoration wie Holzhasen, ausgeblasene und bemalte Hühnereier an den Osterstrauch, der aus Birken-, Weiden- und Obstbaumzweigen besteht. Auch eine Hasenschule aus Holz ziert dann eines der Fensterbretter. Hier lernen die angehenden Osterhäschen, wie man Eier legt und versteckt. An dieser Stelle entbrennt alljährlich der Streit zwischen dem Perfektionisten, der die Geschichte erzählt, und dem Kritiker, der nicht müde wird zu intervenieren, dass die Osterhasen die Ostereier auch nicht selbst legen, sondern lediglich einkaufen gehen, um dann nur die Verteilarbeit zu übernehmen. Also quasi die namenhaften Zustelldienste dieser Republik repräsentieren. Naja, der Verstand versucht immer wieder zu schlichten. Ich bin gespannt, ob wir eines Jahres mal einen Konsens erreichen werden. Der Genießer holt uns zurück, denn er findet die Auswahl an gefüllten Schokoeiern einfach magisch. Da gibt es die Klassiker wie Nougat, Marzipan und Blätterkrokant in Ostereiern. Hier hält es den Sarkastischen nicht mehr: „Das sind doch bloß die alten Weihnachtkugeln, die schnell in eine andere Form und Verpackung gequetscht werden und just als gefüllte Ostereiner weiterleben dürfen!“ Der Genießer hält sich die Ohren zu. Sowas will er nicht hören. Der Genuss steht für ihn an erster Stelle. Das wie, was, wann, warum, ist ihm egal. Doch die neuen Kreationen, wie Champagnerfüllung, Erdbeersahne oder Whiskeysahnefüllung haben es ihm angetan, genauso wie Eierlikörfüllung. Das gute alte Knickebein ist schon fast verschwunden. Auch die Rumeier oder die Fondant-Spiegeleier findet er toll. Würden wir ihn lassen, würden wir an Ostern an einem Zuckerschock versterben. Oder aber ein Alkoholproblem bekommen, denn neben den alkoholischen Füllungen in den Schokoladeneiern ist es Brauch, Eierlikör zu trinken. Vornehmlich aus extra hierfür gegossenen Schokoladenbecherchen. Besonders lecker ist immer wieder der selbsthergestellte Eierlikör der Familie. Der Genießer wartet schon immer drauf. Zum Glück hat der Verstand die Finger drauf und hält die Flasche entsprechend zurück. Wer weiß, was sonst dem ein oder anderen vor die Füße gelangen würde, wenn der Genießer mal wieder so maßlos unterwegs ist wie an Weihnachten auf dem Weihnachtsmarkt.
Ach ja, die gibt es auch wieder, die Ostermärkte. Meist kommen sie ja mittelalterlich daher. Hier kann man zahllose Osterdekoration für den Strauch und Weidenkränze für die Haustür erwerben, aber auch andere Dinge. Selbstverständlich auch „Genussmittel“ im weitesten Sinne. Wir halten uns von diesen Märkten fern. Zu groß die Sorgen, dass wieder alle außer Rand und Band geraten . Da die Ostermärkte meist fernab unseres Wohnortes liegen, wäre eine Heimfahrt im Osterrausch nicht besonders erquicklich. Da ja nun die Fastenzeit endet, nimmt mein inneres Team das „Fastenbrechen“ meist viel zu wörtlich.
Der Frühling bringt auch die Zeit der Erneuerung in jeder Hinsicht und so erneuern etliche Menschen mit den Ostermärschen ihr Bekenntnis zu einer Welt ohne Krieg. Ich finde das immer sehr faszinierend, denn in mir tobt ja fast permanent ein Krieg zwischen meinen Insassen. Wenn man nun davon ausgeht, das es vielen Manschen auch so geht, wie will man dann außen Frieden halten, wenn es im Innern schon nicht klappt? Die Psychologen und Philosophen unter euch werden darüber mit Sicherheit auch grübeln oder schon gegrübelt haben.
Das klassische Ostermenü für Ostersonntag und Ostermontag darf nicht fehlen und basiert auf Kaninchen oder Osterlamm. Mit der vegetarischen oder veganen Version kenne ich mit nicht aus. „Löwenzahnblätter in Essig und Öl“, gackert der Ironische. Und der Faule beginnt schon wieder zu stöhnen, weil er befürchtet, nun welche in der freien, unwirtlichen Natur suchen und brechen zu müssen. „Haha, brechen ist hier genau das richtige Wort“, befleißigt sich der Nörgler, dem sowohl die Suche nach Löwenzahn als auch die Zubereitung sowie der anschließende Verzehr sehr zuwider wären. Der Kritiker findet allerdings mal die außergewöhnliche Sichtweise, dass so ein Löwenzahnsalat gar nicht verkehrt wäre für uns, denn sonst würden wir nach all den „Schlemmertagen“ sofort wieder alles auf den Rippen haben, was wir während der Fastenzeit abgeschmissen hätten. In der heutigen Zeit ist es allerdings auch Mode, nicht nur am Essen zu fasten, sondern auch andere Sachen wie zum Beispiel Zeit am Handy oder Alkohol, Schokolade bei Schokoholics zu reduzieren. „Was für ein Blödsinn“, der Genießer ist genervt, weil er überhaupt nicht verstehen kann, wie man ausgerechnet Schokolade an Ostern fastet. Naja, manche fasten allerdings lieber mal schnell im Januar irgendwas, dann ist die Zeit nicht so lang wie in der eigentlichen Fastenzeit und von Alkohol haben wahrscheinlich die Meisten nach Silvester auch genug. Also dankt die Leber es mit der Alkoholfastenzeit im Januar sowieso.
Es bleibt noch das Osterbrot oder der Osterzopf zu erwähnen, der entweder bereits gefrühstückt oder zum Kaffee serviert wird. Je nach Lust des Herstellenden finden sich hartgekochte, buntgefärbte Eier darauf, was einen Anschnitt erheblich erschwert. Oder aber er kommt unverziert daher. Falls der Bäcker nichts drauf hatte, verschluckt man sich an diesem trockenen Zeug oder es wird ein Genuss, indem man die Scheibe nach und nach in den Kaffee tunkt – Uroma ohne Zähne lässt grüßen. Die Restpampe kann hernach genüsslich mit dem Löffel aus der Kaffeetasse gekratzt werden. Wenn der Bäcker seinen Job gut gemacht hat, reicht etwas gute Butter auf dem Brot, um den Geschmack festzuhalten.
Übrigens ist es auch die Zeit von kleinen Geschenken. Ich kann mich an die ersten Kniestrümpfe fürs Jahr erinnern, die ich natürlich immer sofort anziehen wollte, aber meist war es draußen noch arschkalt und ich hätte mir meinen Unterbau weggefroren. Aber für die Schönheit tut man ja oft fast alles, sogar altersunabhängig. Jedenfalls waren die Kniestrümpfe ein Highlight. Heute jedoch wird Ostern mit Weihnachten verwechselt und so landen richtig große Geschenkte im Osternest, das jetzt fast eher einem Bollerwagen ähnelt. Die armen Osterhasen kommen mir nun vielmehr wie die Boten der großen Paketzusteller vor. In ihrem Körbchen auf dem Rücken hätten sie halt Ostereier oder eben gerade noch Strümpfe für die Saison gebracht. Die „Zustellerhasen“ von heute bringen Spielekonsolen, die dazugehörigen teuren Spiele, ein neues Mobiltelefon und was weiß der Geier noch alles. Selbst unser Kritiker ist davon angepisst, wie hier übertrieben wird. Der Harmoniesuchende hält sich mal wieder aus allem raus. Sind es doch die Osterfeiertage- also Feiertage, in denen es den trauten Familienfrieden gibt. Von Mittag bis Abendessen wird nach Möglichkeit nicht gezankt und danach dürfen die Messer wieder gewetzt werden.
Ich weiß ja nicht, wie es bei euch ist, aber in manchen Familien setzt schon bei der Ostereiersuche der Neid ein. „Jaaaa, endlich darf ich auch mal ran!“, quietscht er verrückt nach dem Spaß, den er gleich hat. Bekanntermaßen suchen alle Sucher gleichzeitig und finden nach Murphys Gesetz immer das Nest des anderen Geschwisters und brüsten sich damit: „Ätsch, ich weiß wo dein Nest ist, aber sich sag es dir nicht“. Gegebenenfalls wird je nach Veranlagung des Geschwisters noch Mundraub am fremden Nest begangen. Aber auch der Frust, dass ein Finder mit offeneren Augen die süßen Begehrlichkeiten findet und der andere eben nicht, führt zu einem unausgeglichenen Körbchenverhältnis. Einige müssen schon mit beiden Händen tragen, während die wenigen Eier des Anderen trostlos im Körbchen umherkugeln. Der Streit setzt sich meist fort im Dauernaschen des Vielfinders und dem traurigen Zusehen des anderen. Der christliche Gedanke vom Teilen findet hier meist weniger Anwendung als der Teil „ Auge um Auge – Zahn um Zahn“. Wobei ‚Zahn‘ dann auch vom Zahnarzt quittiert wird, wenn der Genuss allzu heftig ausgefallen ist. Zu erwähnen bleibt nur noch die Oma, die mit einem mit ihrer Spucke benetzten Daumen oder Taschentuch die Schokoschmiere aus dem Gesicht des Enkels entfernt. Igitt….
Tja, und so sind wir dann meist froh, wieder ein Jahresfest zu beenden, in dem alles verbrannt wird. was uns so stört; altes Holz steht hier vielleicht unter anderen als Synonym für Sorgen, Ärger und Streit, die Dunkelheit des Winters – welche mit dem Feuerleuchten vertrieben wird. So kann wieder die Wärme nicht nur ins Wetter, sondern auch in unsere Herzen einziehen. Und wenn ich Krimiautorin wäre, würde ich auch die Leichen, welche in meinem Keller schlummern, unters Osterfeuer mischen – aber ihr habt Glück. Noch sind Krimis nicht bei mir angedacht!
Also dann, genießt die Osterfeiertage in Familie oder, je nach Gusto, wärmt euch am Osterfeuer und habt einen Vorgeschmack auf den Sommer, wenn euch die Wärme des Feuers auf Bauch oder Rücken brennt.
Frohe Ostern!